Hätte mir vorher einer gesagt, dass ich Zweiter werde, hätte ich gesagt: „Das unterschreibe ich blind.“

– Wolfgang Gerth, Vizemeister bei den Westdeutschen Senioren Einzelmeisterschaften

Am Samstag, den 26.03.2022, wurden die Westdeutschen Senioren Einzelmeisterschaften (WDSEM) in Ottmarsbocholt nachgeholt. Unsere Nummer Eins, Wolfgang Gerth, erreichte einen hervorragenden zweiten Platz in der Klasse Herren 50 und qualifizierte sich somit direkt für die Deutschen Meisterschaften.

Unser Pressewart, Björn Kiehle, sprach mit unserem Spitzenspieler:

Die WDSEM in Hamm am 05.12.2021 wurden kurzfristig abgesagt. Der reguläre Meisterschaftsbetrieb wurde im Januar eingestellt. Wie groß war die Hoffnung, dass das Turnier nachgeholt wird, nachdem die WDSEM in 2020 schon ausgefallen sind?
Es war schon relativ früh bekannt, dass die diesjährigen Deutschen Meisterschaften stattfinden werden. Da die Westdeutschen Meisterschaften die Qualifikation dafür sind, bin ich sehr stark davon ausgegangen, dass diese stattfinden werden.

Wie hast Du Dich auf das Turnier am Samstag vorbereitet?
Obwohl die Saison abgebrochen wurde, haben wir mit der ersten Mannschaft weiterhin zweimal die Woche trainiert. Vielen Dank an meine Mannschaftskollegen! Des Weiteren wurde der Ligabetrieb bei den Senioren 40 mit den Halbfinals und dem Finale auf Bezirksebene fortgeführt. Hier starte ich für den TTV Rees-Groin. Im Halbfinale konnten wir uns mit 4:1 gegen den TTC BW Grevenbroich durchsetzen und haben uns somit für die Westdeutschen Senioren Mannschaftsmeisterschaften in Geldern am 23./24. April qualifiziert. Außerdem haben wir mit dem TTV Rees-Groin einen Vergleichskampf gegen Borussia Düsseldorf gespielt (zehn gegen zehn aus der ersten und zweiten Mannschaft vom TTV Rees-Groin). Dort konnte ich fünf Einzel gegen Top-Nachwuchsspieler von Borussia Düsseldorf bestreiten, die ich alle gewinnen konnte. Insgesamt war das alles eine super Vorbereitung für die Westdeutschen Senioren Einzelmeisterschaften.

Wie hast Du im Vorfeld Deine Chancen eingeschätzt?
Die Auslosung wurde durch verschiedene Absagen mehrfach geändert und wir wussten nicht, wer coronabedingt teilnehmen kann und wer nicht. Die besten Spieler waren aber alle am Start.  Aufgrund meiner Ranglisten-Punkte war ich nicht unter den Top 4 gesetzt, weshalb die Chancen auf eine gute Platzierung eher gering einzuschätzen waren.

Kurz vor dem Turnier hast Du Dich mit COVID infiziert. Inwiefern hat das Deine Vorbereitung beeinträchtigt?
Mir fehlten vier Trainingseinheiten, zusätzlich verpasste ich das Finale bei den Senioren 40 Mannschaftsmeisterschaften mit dem TTV Rees-Groin, was ein guter Formtest gewesen wäre. Selbstverständlich hat das Virus auch meinen Körper etwas geschwächt. Trotz allem habe ich mich am Samstag relativ fit gefühlt.

Aufgrund Deiner Ranglistenpunkte warst Du eher ein Außenseiter, wie bist Du ins Turnier gestartet?
In der Gruppenphase konnte ich mich gegen alle drei Gegner glatt mit 3:0 Sätzen durchsetzen. Das war natürlich schon mal ein guter Auftakt, um sich an die Gegebenheiten in der Halle und dem Spielmaterial zu gewöhnen. Jeder Tisch, in Kombination mit den verschiedenen Bällen, spielt sich doch etwas anders. Wichtig war mir, die Spiele souverän zu gewinnen, um die Kraft für später aufzusparen.

In der Hauptrunde warteten dann richtig starke Gegner. Hattest Du Dir da eine besondere Taktik zurecht gelegt?
Die Auslosung für das Viertelfinale war denkbar ungünstig, da ich gegen Ralf Ritter vom TTU Bad Oenhausen gelost wurde. Vor fünf Jahren spielte ich bereits in der Senioren 40 Altersklasse gegen ihn und verlor chancenlos mit 0:3. Diesmal konnte ich das Spiel verdient mit 3:1 Sätzen zu meinen Gunsten entscheiden. Da ich ihn schon von damals kannte, habe ich mein Spiel entsprechend seiner Spielweise angepasst. Im Halbfinale traf ich dann gegen den an Nummer Eins gesetzten Oberligaspieler Michael Höhl vom TSSV Bottrop. Gegen ihn konnte ich frei aufspielen und habe dank einer guten Leistung verdient mit 3:1 Sätzen gewonnen. Im Finale wartete dann ein Mannschaftskollege von Michael Höhl: Dinesh Rao. Ich kenne Dinesh schon seit mehreren Jahren sehr gut, da wir vor unserer ersten Teilnahme bei den Deutschen Meisterschaften (damals Senioren 40) mehrmals gemeinsam trainiert haben. Bei den letzten Turnieren konnte ich immer gegen ihn gewinnen und auch seine Spielanlage liegt mir eigentlich. Im ersten Satz konnte ich eine 9:7 Führung nicht zum Satzgewinn nutzen. Im zweiten und dritten Satz habe ich mich gesteigert und beide Sätze deutlich mit 11:6 und 11:4 gewonnen. Im vierten Satz hatte ich einen ungünstigen Start erwischt und leichte Fehler gemacht. Dadurch lag ich immer zurück. Dinesh hat sein Spiel etwas umgestellt und ich verlor den Satz mit 6:11. Im fünften Satz habe ich leider nicht mehr ins Spiel zurückgefunden und verlor ebenfalls mit 6:11. Ich muss anerkennen, dass er nach dem 2:1 Satzrückstand nie aufgegeben hat. Letztendlich hat er das Finale dann auch verdient gewonnen! Ausschlaggebend war rückwirkend betrachtet der unnötig verlorene erste Satz und vielleicht war ich mir nach der 2:1 Führung auch etwas zu sicher.

Nach dem Erreichen des Finales stand fest, dass Du damit direkt für die Deutschen Meisterschaften qualifiziert bist. Mit welchem Gefühl bist Du ins Endspiel gegangen?
Euphorisch und überglücklich! Das Ticket zu den Deutschen Meisterschaften war gelöst. Zusätzlich mit dem Wissen, dass ich gegen Dinesh schon häufiger gewonnen habe, habe ich natürlich schon etwas mit dem Turniersieg geliebäugelt. Aber wie man sieht, muss jedes Spiel erst gespielt werden. In so einem Finale, auf dem Niveau muss man auch die mentale Stärke zeigen und bis zum letzten Ball voll konzentriert dabei bleiben.

Bist du mit deinem Ergebnis zufrieden?
Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass ich bei den Westdeutschen im Finale stehe und sogar Siegchancen habe. Alles in Allem ein riesiger Erfolg, auch wenn mehr drin gewesen ist. Letztendlich habe ich ein großes lachendes und ein wenig kleines, weinendes Auge.

Die Nationalen Deutschen Senioren Einzelmeisterschaften (NDSEM) finden über Pfingsten (04. – 06. Juni 2022) in Völklingen (Saarland) statt. Wie sieht jetzt der Fahrplan bis dahin aus?
Weiterhin mindestens zweimal pro Woche Training in Flüren, aber auch in Trainingsgemeinschaften in Oberhausen, Bottrop und Gelsenkirchen. Am 23./24. April sind ja die Westdeutschen Senioren Mannschaftsmeisterschaften in Geldern, dort warten gute Gegner. Außerdem planen wir mit GW Flüren ein Freundschaftsspiel gegen BW Dingden. Zusätzlich plane ich, vor den Deutschen noch ein professionelles Einzeltraining zu absolvieren.

Was ist dein Ziel bei den NDSEM?
Mein Ziel ist es, im Einzel aus der Gruppe herauszukommen und mich für das Hauptfeld zu qualifizieren. Dort muss ich, abhängig von der Auslosung, schauen, was möglich ist. Außerdem würde ich gerne ein Doppel und ein Mixed gewinnen, sodass ich in allen Spielklassen mindestens eine Runde weiterkomme. Im Doppel werde ich mit Joachim Beumers spielen, im Mixed weiß ich es noch nicht.

Die Ergebnisse findet Ihr hier: https://nrw-tischtennis.de/wp-content/uploads/2022/03/WSEM_Teil_2.pdf

Wir drücken Wolle die Daumen für die NDSEM!!